Archiv für den Monat: Januar 2018

16 Fragen an KeinVerlag.de-Autor Wortsucht

16 Fragen an Wortsucht

16 Fragen an KeinVerlag.de-Autor Wortsucht

16 Fragen an KeinVerlag.de-Autor Wortsucht

Wortsucht ist KeinVerlag-Autor. Über sich selbst schreibt er:

„Eigentlich schreibe ich schon Geschichten, seit ich schreiben kann. Im Geheimen, nur für mich. Ich war immer schon ein Beobachter und ein zynischer Kommentator. Als ich 2007 meinen Dorfladen aufgeben musste, hatte ich viele Geschichten im Kopf, die ich dann, dem technischen Fortschritt sei Dank, tippen und der Öffentlichkeit zugänglich machen konnte. Das war der Startschuss für meinen Blog wortsucht.ch und die Dorfladengeschichten, von denen es eine Sammlung im Buch ‚101 Dorfladengeschichten, kaufst du noch oder nervst du schon?‘ gibt. Seither schrieb ich über 700 Kurzgeschichten und Texte zu den verschiedensten Themen. Ich versuche nicht Weltliteratur zu machen, ich schreibe zur Unterhaltung.“

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Owald – Du schläfst.

Owald – Du schläfst.

Du schläfst

von Owald

Du schläfst. Ich sitze neben dir und schaue.
Ein Traum nimmt zuckend Platz auf deinen Lippen,
läßt sanft dann deine Nasenflügel wippen
und wandert höher, bis zur linken Braue,

die, gleichfalls bebend, von dem Leben kündet,
das hinter deiner Stirne pulst und flimmert.
Ich schließe meine Augen, und es schimmert
noch immer, ja, es scheint, daß es mich findet.

Und kurz, ganz kurz nur darf ich darauf hoffen,
vereint mit dir im Traume zu verweilen,
doch bald ist es vorbei mit meiner Ruh:

Das Fernsehn ist noch an, das Fenster offen.
Die Lampe brennt, ich hänge in den Seilen.
So steh ich nochmal auf und deck dich zu.

 

Wortsucht – Der Anzug

Wortsucht – Der Anzug

Der Anzug

von Wortsucht

Weil die Verwandten mehr Zeit im Spital als zu Hause verbringen, muss ich mir langsam ernsthaft Gedanken machen, was ich zur nächsten Beerdigung anziehen könnte. Naheliegend der klassische Anzug. Aber, als modebewusster Mensch will man sich trotzdem von der Masse abheben. Deshalb machte ich mich auf die Suche nach einer Alternative.

Ein Tag Shopping brachte folgende Erkenntnis: Mit genügend Kleingeld kann man sich sehr schöne Anzüge kaufen. Bloß: So wirklich einzigartig sind sie dennoch nicht.

Shopping für Männer – Im Internet, das könnte eine Alternative sein. Dachte ich zumindest. Nachdem ich mich auf der ersten Plattform bis auf den Zentimeter genau geoutet hatte, aber nicht einen einzigen Preis oder ein Kleidungsstück zu Gesicht bekam, hätte ich meine Telefonnummer angeben sollen. Wozu?  Damit mich eine knapp zwanzigjährige Lea anruft, um meinen Kleidergeschmack anhand meiner Stimme zu erkennen?

Ich habe meinen Anmeldevorgang abgebrochen und überlegt: Ein Mann braucht keine Shoppingberatung – ein Mann macht es selbst!

Dank Google und Internet alles kein Problem.

Mit dem fertigen Anzug vor Augen, begab ich mich in den größten Stoffladen, den ich finden konnte.

Es war recht einfach: Die bunten Stoffe konnte ich unbeachtet lassen. Apfelgrün und Altrosa steht mir nicht, selbst wenn Lea etwas anderes aus meiner Stimme hören würde. Schließlich blieben mir schwarze, braune, graue, weiße, violette, karierte, gestreifte, gemusterte und gepunktete Stoffe zur Auswahl. Weil ich mich nicht sofort entscheiden konnte, nahm ich mir eine größere Anzahl an Stoffballen mit. Wäre ja auch zu blöd, wenn ich meinen Schneiderkünsten Einhalt gebieten müsste, nur weil ich dann genau diesen oder jenen Stoff nicht gekauft hätte.

Ach ja: Bereits jetzt hätte ich mir für das gleiche Geld mehrere Anzüge und Lea kaufen können …

Und dann folgte erst das Kleinmaterial. Knöpfe, Reißverschlüsse, Faden in allen Farben und Stärken, Nadeln, Scheren, Stifte, Bordüren, Abschlusskanten, Schnittmuster, Maßbänder, Schneiderpuppen, Nähmaschinen mit Schmiermittel, Spezialwerkzeugen, Füßchen, Spulen und hundertjährigen Serviceverträgen … Außerdem wurde mir geraten, eine Overlockmaschine dazu zu nehmen. Selbstverständlich mit dem gleichen Zubehör wie für die beiden normalen Nähmaschinen.

Als ich mich nach den Einstellmöglichkeiten erkundigte, wurde mir das 1.300-seitige Handbuch in 25 Sprachen in die Hand gedrückt. Eigentlich wollte ich meine Zeit mit Nähen und nicht mit Lesen verbringen. Und schon gar nicht mit dem autodidaktischen Lernen von Japanisch und Suaheli. Nun gut, es wird mir auch nicht schaden, wenn ich das auch noch kann …

Möglicherweise wäre mir die Kommunikation mit dem netten Lastwagenfahrer leichter gefallen, der mir meinen Einkauf nach Hause lieferte, wenn ich eine weitere Sprache beherrscht hätte. Und vielleicht hätte ich dann auch nicht einen ganzen Tag damit zugebracht, all die Dinge alleine Quer durch das Dorf in meine Wohnung zu tragen.

Schließlich konnte ich loslegen und unermüdlich schnippelte, stickte, nähte, änderte und korrigierte ich an meinem Anzug herum. Immer wieder musste ich mir Videoanleitungen anschauen (mir wurde allmählich auch bewusst, warum japanisch so wichtig war) und ich bestellte mir eine Anzahl Bücher zum Thema. Schnitt neu aus, passte an und setzte dieses und jenes zusammen. Kürzte weiter und nähte an.

Und da liegt es nun vor mir, das Prachtstück. Es ist, wie soll ich sagen? Nicht ganz so herausgekommen, wie ich es geplant hatte. Zu einer Beerdigung werde ich es wohl kaum tragen können – aber mit ein wenig Hilfe und Unterstützung einer Fachperson, könnte daraus möglicherweise noch ein Stringtanga werden! Lea wäre bestimmt begeistert!

16 Fragen an Jan Hemmerich

Jan Hemmerich ist KeinVerlag-Autor, regelmäßiger Teilnehmer der ZUSAMMEN/KUNST! und unser sechster Kandidat für die 16 Fragen. Über sich selbst schreibt er:

„Nachdem ich nun darüber nachgedacht habe, wie ich mich besonders witzig oder geistreich vorstellen kann, mir aber nichts eingefallen ist, hier einfach klassisch:
Mein Name ist Jan Hemmerich, ich bin 22 Jahre alt und komme aus Nürnberg. Schreiben gehört neben der Fotografie schon lange zu meinen liebsten kreativen Ausdrucksmitteln und seit 2014 veröffentliche ich Texte und Lyrik mehr oder minder oft auf KeinVerlag.de.“

16 Fragen an Jan Hemmerich

Jan, wann stehen Sie morgens auf, wann gehen Sie abends schlafen?

Aufstehen: zu früh. Schlafengehen: meistens zu spät.

Wenn Sie eine Zeitung aufschlagen, lesen Sie zuerst den Sportteil oder das Feuilleton?

Auf jeden Fall das Feuilleton, der Sportteil eignet sich immer am besten, um gleich
Essensreste reinzupacken. Aber das ist wahrscheinlich einfach meiner generellen
Unsportlichkeit geschuldet. Unter der Woche lese ich eher selten die Zeitung, dafür aber
gerne Samstags, da beginne ich dann mit dem Wochenendteil und dem großen
Interview.

„Wirklich anspruchsvollen Menschen ist Glück gleichgültig, vor allem das der anderen.“ (Bertrand Russell) Wie stehen Sie zu dieser Aussage?

Das Glück anderer Menschen kann einem nicht gleichgültig sein, wenn man Texte schreibt, denn da geht es immer um Emotionen, egal ob man sie beschreibt oder auslöst.

Welche Genüsse gönnen Sie sich im Alltag? Welche sind für Sie besonders?

Ich halte mich dazu an, nicht nur besondere Dinge zu genießen, sondern auch
kleine Aufmerksamkeiten, die Gesellschaft von interessanten Menschen oder einfach
Stille nach einem langen Tag. Aber klar, auch leckeres Essen, gute Musik oder eben
Bücher genieße ich sehr.

Welches Buch haben Sie zuletzt gelesen, wie hat es Ihnen gefallen?

Zuletzt gelesen habe ich, zum wiederholten Mal, „Blanche oder das Vergessen“ von Louis
Aragon. Es handelt von einem Mann, der retrospektiv über sein Leben und die Liebe
nachdenkt. Das Buch kann man nicht einfach mal so lesen, man muss sich damit beschäftigen und darf sich auch nicht von einer gewissen Langatmigkeit abschrecken lassen, aber ich mag es sehr, es ist eines meiner Lieblingsbücher.

Wer oder was inspiriert Sie und weshalb?

Mich inspirieren Situationen im Alltag, Worte, Dinge, die ich mir abspeichere, auf die ich beim Schreiben zurückgreife. Aber genauso auch Filme, Ausstellungen und Musik.

Wie wichtig finden Sie Kontakte zu anderen Künstlern?

Kontakt zu anderen Künstlern ist wichtig und inspirierend, auch gut als Reflexion, weil man selbst sein Werk ja nicht objektiv einschätzen kann.

Wie würden Sie Ihren typischen künstlerischen Schaffensprozess beschreiben?

Den typischen Prozess beim Schreiben gibt es bei mir nicht. Manchmal sammle ich wochenlang Sätze oder einfach Anfänge, bevor mir dann unvermittelt weitere Ideen kommen. Manchmal schreibt sich was wie von selbst, manchmal ist es aber auch echte Arbeit.

Wie viel Zeit wenden Sie täglich für Ihre Kunst auf?

Für meine Kunst im Allgemeinen, in der die Fotografie einen großen Raum einnimmt, wende ich täglich einige Zeit auf. Das Schreiben an sich findet bei mir eher am Wochenende statt, weil ich da einfach mehr zeitlichen Freiraum für mich habe.

Wie gehen Sie mit Schaffenskrisen um?

Wenn ich beim Schreiben nicht weiterkomme, höre ich einfach auf und warte ab. Irgendwann, vielleicht ein, zwei Tage später, geht es meistens mit neuen Ideen weiter.

Verfolgen Sie klare Ziele in Ihrer Kunst?

Ich lasse vieles auf mich zukommen. Ein Ziel wäre es, irgendwann ein Buch fertigzustellen, richtige Prosa. Aber grundsätzlich denke ich, dass man gerade in solchen kreativen Dingen nicht zu ehrgeizig sein sollte. Das Erzwungene merkt man den Texten an und man verliert sonst auch selbst den Spaß dran.

Beschäftigen Sie sich mit Ihrem eigenen Tod?

Ich beschäftige mich mit dem Leben, das ist ergiebiger.

Woran glauben Sie und warum (nicht)?

Ich glaube an den Zufall, an mich selbst und grundsätzlich immer an das Gute im Menschen.

Wann haben Sie sich das letzte Mal geschämt und wofür?

Ich schäme mich nicht. Wenn ich etwas tue, dann mit voller Überzeugung und dafür stehe ich guten Gewissens ein.

Wie wichtig sind Ihnen Manieren im Alltag?

Sehr wichtig.

Welche Ihrer Eigenschaften sind Ihnen am wichtigsten?

Ich denke, am Wichtigsten ist mir meine Eigenschaft, unvoreingenommen und offen zu sein. Und manche sagen, ich könne gut zuhören – wenn dem so ist, wäre das sicher auch eine wichtige Eigenschaft.

Vielen Dank für die Beantwortung der 16 Fragen, Jan!

Ausgewählte Veröffentlichungen von Jan Hemmerich

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