Bernhard Zilling – Was gut klingt

Was so gut klingt wie ein Xylophonholz, nachdem es zum Klingen gebracht worden ist, war in meinen von plötzlichem Glück überfluteten Augen sonnig schimmerndes Gold. Und zugleich umso überraschender, da an diesem Morgen die Wolken am grauen Himmel aus der zu dieser frühen Tagesstunde noch zu keinem anwesenden Publikum hin offenen Orchestermuschel weichen wollten und sie von einem so schmutzigen Grau waren, dass es jedem Menschen wie ein Wunder vorkommen musste, dass aus derart hässlichen Himmelsformationen ein so unschuldig weißer Schnee auf die Erde fallen konnte und sicher auch bald fiel.

Ich hatte die von heißer Sommersonne gebleichten Holzscheite in einem Rucksack als Abbüßung einer durch eine falsche Entscheidung mir aufgebürdeten Schuld auf meinem gebeugten Rücken durch viele kalte Nächte getragen und war seit meinem Aufbruch vor ungezählten Wochen aus einer fernen Heimat zugleich der Hoffnung gefolgt, irgendwann einen warmen Ort zu finden, an dem ich die Schuld abgetragen, dort unbelastet bleiben, mich ansiedeln und wieder wohl fühlen konnte. So war ich bis hierher ans Meer gelangt, das meinem Weitergehen Einhalt gebot, und ich hatte mich noch vor Sonnenaufgang in meinem Schlafsack in das einzig windgeschützte Teil des Halbrunds nach Norden zu gelegt und gerade von einem wunderbar warmen Ofen geträumt, der schon lange vor meiner Ankunft von einem Unbekannten nur für mich angefeuert worden war, als mich Xylophonkaskaden aus dem dunklen Schlaf rissen und mir sofort klar wurde, dass all das Holz in meinem schweren Rucksack nicht in diesem, neben mir leider nicht brennenden, aber bald irgendwo zu findenden Hoffnungsofen enden sollte, sondern von einem begabten Instrumentenbauer zu einem Verwandten des hinter meinem Rücken gut gespielten verwandelt werden würde, was mir dicke Tränen in die Augen trieb.


Hier geht es auch zu den 16 Fragen an Bernhard Zilling.

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