Schlagwort-Archive: Létranger

L’étranger – Guten Morgen

Die Nacht verrinnt, die Dunkelheit entschwindet,
verkriecht sich hinter meinem Wimpernschlag,
ich warte bis der Schlaf mich ganz entbindet,
und sinke mit der Erde in den Tag.

Gedanken kullern aus den stummen Ecken,
das Moll sitzt stumpf mit mir am Frühstückstisch,
wo Kaffeetassen mit den Zähnen blecken,
vom Spiegel glotzt ein ziemlich toter Fisch.

Jetzt zwängt die Uhrzeit mich in enge Kleider,
ein Riesenlöffel drückt mich in die Schuhe rein,
das Handy hupt und spielt den Spaßvermeider,
derweil die Häuser Knautschgesichter spein.

Die Bahn verschlingt die unbekannten Leute
und spuckt sie andernorts vor einen Glaspalast
der Arbeitsplatz versetzt mich hart ins Heute,
die Welt begrüßt den ungeliebten Gast.


Lyrik von L’étranger findet ihr auf seinem KeinVerlag-Autorenprofil: Létranger sowie auf seiner Homepage: Gedichte von Philipp Létranger.

Hier geht es auch zu den 16 Fragen mit Philipp L’étranger.

3 Gewinner des “Hildesheimer Literatur-Wettbewerb 2022”

Von den 753 eingesendeten Beiträgen hatten es 25 ins Finale des Hildesheimer Literatur-Wettbewerb 2022 mit dem Thema “Über Wasser – Über Erde – Über Uns” geschafft. Und 3 der 6 Preise gehen nun an LyrikerInnen, die wir euch hier auf den 16 Seiten bereits präsentieren durften, was uns extrem freut, da wir sie alle sehr schätzen und ihre Werke lieben!

Den Hauptpreis teilen sich in diesem Jahr Philipp Létranger und Sigune Schnabel mit ihren Gedichten „Brache“ bzw. „Dialog“. Bei der dritten Person im Bunde handelt es sich um Christa Issinger, die mit ihrem Gedicht “Erbarmen” den Hauptpreis International gewinnt!

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L’étranger – Kamele

Am Zeitenende
wirds einen fetten Stau geben
vor dem Haupteingang:

Kameltreiber stehen dann
mit den Kamelen der Reichen
vor dem Nadelöhr am Himmelstor.

Drinnen sitzen schon die,
die nicht gewartet haben
– Dauerkartenbesitzer.

Die Kamele warten …


Lyrik von L’étranger findet ihr auf seinem KeinVerlag-Autorenprofil: Létranger.

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L’étranger – Winter

Mein Atem dampft, und auf dem Waldweg
knirschen die Schritte. Ich streiche das
Wort “Winter” aus dem Gedicht.

Kein gutes Wort für das, was bleibt,
wenn du das Licht der frohen Tage
ausgetrunken hast
und kalte Schultern
sich in die Nächte recken,

für Tage,
an denen du dich fest
in tausend Blätter hüllen willst,
auf denen traurige Geschichten stehn,

für Nächte, da die Welt dir scheint
wie eine Nebelkerze, ein Licht,
das deiner Dunkelheit
nicht widersteht.


Lyrik von L’étranger findet ihr auf seinem KeinVerlag-Autorenprofil: Létranger.

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L’étranger – Highway to hell

Vorübergehend geschlossen …
steht auf dem Schild am Eingang,
und auf der Bühne streicht die Zeit
gelangweilt über schmale Polstersitze,
schlendert durch die leeren Garderoben
quer durchs Foyer hinaus zu größeren Bühnen.

Romeo macht heute Homeschooling,
Julia chattet mit ihrer Freundin,
der eingebildete Kranke
erscheint
in keiner Statistik.

Im Theaterkanal ein Standbild aus Washington:
Endzeitchaos – alle Vorstellungen ausverkauft,
liest man darunter – durchlaufend.

Die Evangelien behalten endwärts recht.
Wenn man die frohe Botschaft kennt,
ist Apokalypse ganz erträglich.
Marx war der letzte Prophet,
und Rosa Luxemburg.

Auf spruchweisheiten.de liest man zum heutigen Tage:
Leben kann man nur vorwärts – kein Weg
führt jemals zurück in bessere Zeiten.

On the highway to hell.


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