Archiv der Kategorie: Lyrik

Helmut Blepp – Mittags zieht saurer Geruch durch die Gassen

Im Winter liegt das Tal im Schatten
heiß eingekesselt im Sommer
und immer trocken im steten Wind

Aus den Rissen im Asphalt wuchert Unkraut
Katzen lassen sich die Nasen kitzeln
und wärmen ihre Bäuche auf dem Mittelstreifen

Staubwolken über den Dächern
von dröhnenden LKWs
die das Dorf umfahren

Auf den Äckern hinterm Ortsschild
bedächtige Störche
dahinter die Windräder
die den Horizont einteilen
in verblichene Sehnsuchtslandschaften

Jauchegestank aus den Hoftoren
dazu der Geruch gekochten Kohls
mit gepfefferter Wurstsuppe
durch offene Küchenfenster

Geschirrgeklapper zum ersten Glockenschlag
die Vögel verstummen in den Hecken
keine Fehlzündungen mehr
nur schwer verdauliche Gebete


Hier geht es zu den 16 Fragen an Helmut Blepp.

Michael Eschmann – Zerbrochene Berge

Für Matthias Schramm

Du gehst den Städten entgegen,
wo die hingeworfenen Lichter wohnen.

Stets ein Auf und Ab,
wie das Leben überhaupt
ein Sammeln von Momenten ist.

Und das Klavierspielen im Schnee
die Traurigkeit
über zerbrochene Berge zudeckt.

Alles ist Bewegung,
alles ist Existenz,
nirgendwo ist Einsamkeit.


Hier geht es zu den 16 Fragen an Michael Eschmann.

Renan Cengiz – Rast auf halber Höhe

Oben Berge, unten Zwerge
In der Mitte kleine Tritte
Tiefentaumel, Höhenrausche
Drahtseiltänze, Felsspreizschritte.

Nein, er will noch nicht nach Hause
Zu sehr kitzeln ihn die Gipfel
Nur schnell diese eine Pause
für ein Bier und ein Gekritzel.


Texte, Musik und mehr von Renan Cengiz findet ihr auf seiner Homepage und YouTube sowie auf seinem KeinVerlag-Autorprofil: RomanTikker.

Hier geht es zu den 16 Fragen an Renan Cengiz.

Bastian Kienitz – Figure dans un Fauteuil

Bleib besser still, wenn dich Gezeiten rufen
die grau in graumeliert sich schleichend zeigen
und patrouillierend deine Nähe suchen;
Sei besser still, zurückgelehnt und schweige

wie dieser Sessel, schweig zum Staubpartikel
verpackt und eingehüllt, starr an die Wände
die näher kommen und den Tag verhüllen
und wasche sie in Unschuld, deine Hände.

Putz Glanz am Boden, der uns niederdrückte
auf dessen Wiese wir vor vielen Jahren
nach Sandkörnern und Tiere lebend suchten
bis wir uns nicht mehr aus den Häusern wagten.

Wir waren still, Stillleben grau und schwiegen
wie dieser Sessel, in dem wir sitzen blieben.


Lyrik, Haiku, Aphorismen und mehr von Bastian Kienitz findet ihr auf seinem KeinVerlag-Autorprofil: ginTon.

Hier geht es auch zu den 16 Fragen mit Bastian Kienitz.