Smirov las die Mail zum wiederholten Male durch. Die Mail in welcher stand, dass seine Arbeit durch eine künstliche Intelligenz ersetzt wird. »Es ist so weit.«, dachte er in sich, »Das in letzter Zeit so oft debattierte Szenario trifft jetzt also ein …« Ungläubig las er nochmals. Dann klappte er seinen Laptop zu. Er dreht sich auf seinem Stuhl und blickte in sein Zimmer. Forschend sah er erst seine Gitarre und sein Klavier an, dann wanderte sein Blick über das Bücherregal und haftete sich auf seine Staffelei, die sich direkt neben den großen Kastendoppelfenstern befand. »Wird all das noch Wert haben in der Zukunft? Wird alles was mir wichtig ist erodieren? Ist es nicht schon im vollen Gange?« Smirov sprach laut in sein Zimmer hinein. Es überkam ihn auf einmal ein schrecklicher Weltschmerz. Undefiniert, nicht greifbar, breitete sich das Gefühl in ihm aus. Sein Herz zog sich zusammen. Schwindelnd stand er von seinem Stuhl auf und taumelte in die Küche. Vor seinem Weinregal machte er halt und zog eine Flasche SYRAH Jahrgang 2018 heraus. Er schenkte sich großzügig ein, weitaus mehr als es bei Rotwein vornehmend wäre. Sein Glas war randvoll. Er trank einen kräftigen Schluck ab und schaltete das Radio ein. “Helplessly Hoping” von Crosby, Stills & Nash ertönte aus dem kleinen Lautsprecher. Smirov sackte auf den Stuhl nieder, nahm einen weiteren, kräftigen Schluck, stellte sein Glas nieder, stützte die Ellenbogen auf den Tisch und schaute aus dem Küchenfenster in den Innenhof. Als das Lied zu Ende war, nahm er den letzten Schluck aus seinem Glas und schaltete das Radio ab. Zur Tür laufend warf er noch einen Blick in sein Wohn- und Arbeitszimmer und bemerkte, dass Also, sprach Zarathustra noch aufgeschlagen auf seinem Lesesessel lag. Er nahm das Buch und schob es in eine passende Lücke ins Bücherregal. Als Smirov auf die Straße trat, merkte er, wie ihm der Wein bereits zu Kopf stieg.
