Schlagwort-Archive: I. J. Melodia

I. J. Melodia – Dieses Meer hat keine Küsten

Im Fahrwasser der Gezeiten
klebt zu viel Sand
zwischen Fingern und Erinnerungen
Die Haare mit Wellen gekrönt
nur Salz tränkt die Haut
über der schwarzen Tiefe

Dieses Meer hat keine Küsten

Gestirne weisen den Weg
wir folgen den Westwinden
in die Weite, ins Ungewisse

Dieses Meer hat keine Küsten
wir keinen Anker

Die Lippen schmecken
kaum noch das letzte Ufer


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I. J. Melodia – Briefwechsel

Einst schrieb ich dir Briefe
vom Schnee und unserem ersten Sehen

Der Frühling brachte Grün und Leid
Kummer verging mit dem Schmelzwasser
in Lachen aus Salz und Streu

Meine Briefe flogen davon
mit den Zugvögeln im Herbst

Der Winter brachte abermals Schnee
doch sah ich dich nie mehr


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I. J. Melodia – Dreizehn Monate

Die Tage tragen Blau
an unserer Bürde
legen sich aufs Land
wie der Mantel des Schweigens
auch auf die Münder
sprachlos hinter der Maske

Die Lungen stehen still
wir halten den Atem an

Ansteckung
du bist neue Heimat
die Grenze unseres Raumes
auf der Flucht nach innen
ob wir wollen oder nicht
fassen wir die Zukunft
mit Handschuhen an
aus Angst
sie könnte zerbrechen

Wir zählen die Tage
die leeren Straßen und Plätze
an allen Fingern ab
und beginnen von vorne

ein letztes Mal


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I. J. Melodia – Verwildern

Grabsteine wird man nicht finden

Verlaufene Tage mäandern dahin
faulen in sengender Hitze
Die Luft riecht süß und schwer

Diesen Sommer starben die Bienen
Mich durchzieht Stacheldraht
wickelt sich entlang meiner Knochen auf
und der Garten verwildert


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I. J. Melodia – Kindertage

Der Schnee reflektiert die Sonne, strahlt in die Gegenwart. Lucian blickt über den Horizont der Alpen in die Ferne; in die Vergangenheit. Wie damals als Kind, auf den Wanderungen mit meinem Vater. Ein Seufzer vermischt sich mit Lucians Atem, sie legen sich gemeinsam in die Kälte.

Was meinte tată beim Ausflug ins Făgăraș? Dieses Gebirge sei das Rückgrat des Landes. Im Nachhinein ironisch aus dem Munde des Mannes, der uns verlassen hat. Lucian setzt sich, zieht die Handschuhe aus, berührt den Schnee. In Gedanken spürt er dem Schmerz nach, dieser Kerbe in der Erinnerung.

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