Die 16 Seiten befinden sich nun für 3 Wochen in einer wohlverdienten Sommerpause! Mehr oder weniger. Denn für diese Zeit haben wir euch ein paar Lesetipps vorbereitet. Heute sind es sogar 2!
„Sommer ist, was in Deinem Kopf passiert“- mit dieser Songzeile haben die Wise Guys
zwar im Grunde Recht, aber manchmal muss man dem Sommergefühl etwas auf die
Sprünge helfen. Spätestens dann, wenn sich im Juli Regentropfen im Aperol-Glas
sammeln und man für den August vorsichtshalber Langarmpullover aus den Tiefen des
Kleiderschranks holt, ist klar: Stimmungsaufheller literarischer Natur sind gefragt.
Für passende Buchempfehlungen musste ich erstmal im Regal nachschauen: soll es nur
um das Gefühl gehen? Oder braucht es explizite Sommerbücher? Was liest man so, um
sich die Meeresbriese nach Sulzbach-Rosenberg zu holen?
Sommer ist leicht, ist beschwingt, ist unkompliziert. Zwei Bücher habe ich gefunden, die
jenes Feriengefühl im Kleinen untersuchen. Nicht das Große, nicht die Dekadenz. Sondern Freibadfeeling, blauer Himmel, Flugzeugbrummen. Und die Tragik des Coming of Age.
Lesetipp Nr. 2: Kurt Palm – Strandbad Revolution
Sommer 1972. Während politisch einiges passiert und die Amerikaner Nordvietnam
bombardieren, verbringt Mick mit seinen Freunden eine Zeit zwischen Strandbad und der versuchten Revolution.
Eigentlich müsste er für die französisch-Nachprüfungen lernen, aber die Ablenkung ist zu groß: da wäre einmal der Alltag im österreichischen Provinzstädtchen, zwischen
Topfentorte, Platten hören und dem Versuch, endlich ein Mädchen kennenzulernen. Und dann die Treffs beim „Reisinger“, wo Mick und seine Freunde Candy, Mü, Taylor und Hendrix das Aufbegehren gegen ein spießiges Establishment planen.
Während sein Vater am liebsten mit Schweißarbeiten in der Garage beschäftigt ist („der
Bedarf an schmiedeisernen Balkongeländern scheint in der Verwandtschaft sehr hoch“),
die Mutter ihre Tiefkühltruhe mit Sonderangeboten füllt und Micks Großvater hinter
verbotenem Schnaps und dem Nachbarshund her ist, läuft alles auf den gemeinsamen
Familienurlaub hinaus.
Als es schließlich mit einem alten Opel Kapitän über den Wurzenpass Richtung Slowenien zum Campen geht, lernt Mick die Liebe in Form einer hübschen Holländerin kennen, aber kaum zurück spitzen sich die Ereignisse zu und die Leichtigkeit des Sommers bekommt erste Brüche.
Wie der Buchtitel bereits vermuten lässt, behandelt Kurt Palm auf 256 Seiten große und
kleine Gefühle, betrachtet das Leben in der österreichischen Provinz und lässt schließlich auch erahnen, wie schmal der Grat zwischen Unbeschwertheit und dem Ernst des Lebens sein kann.
Kurt Palm schreibt witzig, pointiert und schafft es, durch kauzige Figuren und schräge
Nebenschauplätze durchwegs zu unterhalten. Ein Coming of Age als Provinzroman,
nostalgisches Sommerfeeling in Buchform.
Lesetipp Nr. 3: Bov Bjerg – Auerhaus
„Du hast die Augen zu und treibst auf deiner Luftmatratze, ein sanfter Wind weht, und du denkst, geil, jetzt lebe ich für den Rest meines Lebens hier in dieser Lagune, in der
Südsee. Und dann machst du die Augen auf und merkst, es ist bloß ein Nachmittag am
Baggersee, und zack ist der auch schon vorbei.“
Bov Bjerg, „Auerhaus“
Die späten 80er-Jahre: sechs Freunde beschließen, dass Ihr Leben mehr bieten soll, als
grauen Alltag und Vorhersehbarkeit. Auslöser ist der Selbstmordversuch einer der
Protagonisten, Frieder.
Als er aus der Nervenklinik entlassen wird, raten ihm die Psychiater, zuhause auszuziehen. Kurzerhand gründet er also eine WG, zusammen mit seinen Freunden Cäcilia, Vera und dem Ich-Erzähler, genannt Herr Höppner. Die vier ziehen in ein altes Bauernhaus, welches Frieders Großvater gehörte. Das wird das „Auerhaus“, weil sie zwar kein Wort Englisch können, aber drinnen ständig „Our House“ von Madness spielen.
So versuchen die Freunde, einen Alltag zu schaffen, der irgendwie was vom
Erwachsenenleben hat. Zwischen Essen kochen, Federballspielen und Reden geht es
auch darum, für Frieder da zu sein. Und während sich die anderen Oberstufenschüler in der westdeutschen Provinz auf die Zeit nach dem Abi vorbereiten, durchleben die
Bewohner vom Auerhaus einen ziemlich intensiven Sommer.
Ob es ein Trainingszentrum ist, um besser klauen zu können, das in der Küche
eingerichtet wird, oder die wildeste Silvesterparty im Dorf: es geht um das Leben im Hier und Jetzt und ein bisschen auch um die Flucht vor dem, was unweigerlich kommt.
So wird das Auerhaus auch ein Ort für Sonderlinge, wie Pauline, die wegen Brandstiftung in der Psychiatrie saß, oder den schwulen Kiffer Harry.
Dass alles nicht ewig so weitergehen kann, macht sich irgendwann bemerkbar. Nicht nur Frieders Depression, sondern auch die Beziehungen untereinander laufen auf ein Ende, das nicht frei von Tragik ist, hinaus.
Bov Bjergs warmherziger Blick auf die jugendlichen Protagonisten entfaltet in seiner
einfachen, direkten Art eine Melancholie auf das Unbeschwerte. Man folgt den vier
Freunden im Auerhaus mit dem Wissen, dass diese Zeit, so kurz vor dem Erwachsensein, nicht ewig geht. Liebe, Freundschaft, Idealismus und eine gewisse Tragik geben sich die Klinke in die Hand und entfalten eine fast sentimentale Stimmung. Dazu der leichte und unmittelbare Stil: ein Buch zum nochmal lesen.
Ansonsten stöbert doch etwas in unserem Archiv (siehe rechts) und stimmt für das Wort des Monats Juli (und später August) ab!
Ihr lest uns hier wieder ab dem 04. September.
Genießt den Sommer und nicht vergessen: viel lesen!
Eure 16 Seiten-Redaktion